Wissenschafter kritisieren Steyregger "Bombenkriegsdenkmal"

Presseaussendung vom 12.01.2011

Mauthausen Komitee und Antifa-Netzwerk: "Geschichtsverfälschung"
Forderung nach Zusatztafel mit historischer Erläuterung

Scharfe Kritik üben namhafte Wissenschafter und antifaschistische Organisationen an einem "Friedens- und Bombenkriegsdenkmal" im oberösterreichischen Steyregg. Das Denkmal, das an die lokalen Opfer alliierter Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg erinnert, war im November von einem "Personenkomitee" enthüllt und der Stadtgemeinde übergeben worden.

Der entscheidende Kritikpunkt ist die Tatsache, dass das Denkmal nicht den geringsten Hinweis auf die Ursache der alliierten Bombenangriffe gibt und damit den Anschein erweckt, als wären sie grundlos erfolgt. Der bekannte Politikwissenschafter Anton Pelinka stellt fest: "Selbstverständlich ist es legitim, der Opfer alliierter Bombenangriffe zu gedenken. Aber es gilt dabei immer auch festzuhalten, wer den Weltkrieg vom Zaun gebrochen und wer mit der systematischen Bombardierung der Zivilbevölkerung begonnen hat: das nationalsozialistische Deutschland."

Auch der Zeithistoriker Michael John von der Linzer Kepler-Universität betont, die geschichtlichen Zusammenhänge dürften nicht einfach totgeschwiegen werden: Hitler-Deutschland habe halb Europa überfallen und schon ab 1939 zahlreiche Städte flächendeckend bombardiert. Laut John richteten sich die späteren alliierten Luftangriffe im Linzer Raum hauptsächlich gegen die Rüstungsindustrie: "Sie trugen aus militärischer Sicht dazu bei, das verbrecherische NS-Regime zu zerschlagen."

Kürzlich erarbeiteten die beiden Wissenschafter – übrigens kostenlos – schriftliche Stellungnahmen zum Steyregger "Bombenkriegsdenkmal". Darum ersucht hatte sie das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) und das OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus (Antifa-Netzwerk).

MKÖ-Bundesvorsitzender Willi Mernyi fordert die Stadt Steyregg jetzt auf, Konsequenzen zu ziehen: "Wir behaupten nicht, dass die Initiatoren des Denkmals das NS-Regime und seinen Eroberungskrieg bewusst relativieren wollten. Aber eine große Gedankenlosigkeit steckt hinter einer solchen Vorgangsweise schon. Die Stadt, der das Denkmal übergeben wurde, sollte dort unbedingt eine Tafel mit einer fundierten Erläuterung der geschichtlichen Zusammenhänge anbringen."

Dieser Forderung schließt sich auch das OÖ. Antifa-Netzwerk an: "In seiner jetzigen Gestaltung ist das Denkmal misslungen und eine Geschichtsverfälschung durch Weglassen", sagt Netzwerk-Sprecher Robert Eiter. "Unverständlich, dass der Steyregger SPÖ-Stadtrat Peter Grassnigg zu den Initiatoren gehört. Wir erwarten uns von der Bezirks- und der Landes-SPÖ, dass sie dazu klare Worte finden!"

Hintergrundbild