Justizminister Brandstetter lud zur Kranzniederlegung zu Ehren seines Amtsvorgängers Dr. Robert Winterstein

Pressemitteilung vom 13.04.2016

Gespräch mit Mauthausen Komitee, Antifa-Netzwerk und IKG führt zu Maßnahmen bei Anwendung des Verbotsgesetzes

Heute legte Justizminister Wolfgang Brandstetter zu Ehren von Dr. Robert Winterstein (1874 – 1940), der vor genau 76 Jahren dem NS-Regime zum Opfer gefallen ist, am Pötzleinsdorfer Friedhof einen Kranz nieder. Damit gedenkt Brandstetter seines Amtsvorgängers jüdischen Glaubens, einen der wichtigsten Repräsentanten der österreichischen Justiz in der Ersten Republik und im Ständestaat: "Sein Schicksal möge uns daran erinnern, wie schnell Recht und Gerechtigkeit in einer Gesellschaft verloren gehen können, und wie wichtig die Auseinandersetzung mit den Strukturen und Ereignissen ist, die zu einem derartigen Zustand führen können, gerade auch innerhalb der Justiz", sagt Brandstetter. Winterstein hat wie kaum ein anderer die österreichische Justiz in den politisch und gesellschaftlich schwierigen Jahren nach dem Ende des Ersten Weltkrieges bis 1938 mitgeprägt und gilt mit seinem großen Engagement sowie seiner großartigen und pflichtbewussten Arbeitseinstellung auch heute noch als ein großes Vorbild. Neben den Angehörigen von Winterstein waren bei der Kranzniederlegung auch Vertreter des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ) sowie der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) anwesend, um einmal mehr an die schrecklichen Taten der NS-Zeit zu erinnern.

Brandstetter betonte, wie wichtig es ist, aus der Geschichte zu lernen und für eine wirksame Bekämpfung von NS-Wiederbetätigung zu sorgen. Erst kürzlich gab es dazu anlässlich der Verfahrenseinstellung in der Causa "Aula" und ihrer Begründung einen Termin bei Justizminister Brandstetter mit dem MKÖ, dem Antifa-Netzwerk und der Israelitischen Kultusgemeinde. Davor hatten sich mehr als 50 Persönlichkeiten – darunter Wissenschafter, Künstler, Bischöfe und KZ-Überlebende – in einem Offenen Brief an den Justizminister gewandt und konkrete Maßnahmen vorgeschlagen.
Ergebnis des Gespräches mit MKÖ, Antifa-Netzwerk und IKG war unter anderem, dass künftig alle angehenden Staatsanwälte und Richter eine intensive Schulung zum Thema NS-Wiederbetätigung absolvieren müssen. Bei dieser soll auch das notwendige Hintergrundwissen über den historischen Nationalsozialismus und die heutige neonazistische Szene vermittelt werden. Das seit dem Jahr 2009 veranstaltete Curriculum "Justizgeschichte" für Richteramtsanwärter wird nun ein verpflichtender Teil der Ausbildung und beinhaltet einen Besuch der Gedenkstätte Am Spiegelgrund und der Gedenkstätte Mauthausen. Ziel dieses Curriculums ist es, den Richteramtsanwärtern empirisches Grundlagenwissen zur neueren Justizgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert zu vermitteln und anderseits zur Sensibilisierung für politische Implikationen sowohl in zivil- als auch in strafrechtlichen Entscheidungen beizutragen.

Auch die geforderte Berichtspflicht der Staatsanwaltschaften gegenüber dem Ministerium bei Verbotsgesetzfällen wurde angesprochen. Nachdem im Bundesministerium für Justiz die Berichtspflichten aber generell geringer gehalten werden sollen, soll dieser Themenbereich noch weiter diskutiert werden.
Das Justizministerium will dafür sorgen, dass in wesentlichen Fällen die Kommunikation nach außen optimiert wird. In wichtigen Fällen sollen Einstellungsbegründungen vermehrt als bisher nach § 35a StAG veröffentlicht werden. Generell sollen die jeweiligen Mediensprecher der Staatsanwaltschaften und/oder Oberstaatsanwaltschaften noch offensiver über Anklagen informieren. "Schulungspflicht und Informationspflicht – das sind wichtige und erfreuliche Fortschritte", betont Robert Eiter, Sprecher des Antifa-Netzwerks.

"Der Weg zu einer deutlich konsequenteren Anwendung des Verbotsgesetzes ist eingeschlagen", sagt Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ).

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